Fr. 17.01.1986 - 20:00 Uhr ESG Kassel - BSC Preußen 3:5 (0:4/2:1/1:0)

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Vor den Toren der Eisarena tobte, in Schach gehalten von Polizisten mit Hunden, die aufgebrachte Meute und begehrte seinen Kopf. Drinnen brütete Mathias Unger über seinem Zusatzreport zum Spielbericht, ohne so recht auf den Punkt zu kommen. Der „Buhmann des Abends" verbreitete sich auf drei Formblättern, mit viel Wortgeklingel, wo auch fünf, sechs prägnante Sätze den „Eishockey-Abend des Mißvergnügens" trefflich charakterisiert hätten. Eine halbe Stunde nach Mitternacht, fast zwei Stunden nach dem von ihm inszenierten Spielabbruch, hatte der Schiedsrichter aus Bad Nauheim sein Opus vollendet. So hatte der „Unparteiische" zuvor auch gepfiffen - ohne Durchblick. Und in diesem Urteil trafen sich Freund wie Feind, Kasseler wie Berliner. „Egal wie's läuft, so ein Spiel muß man zu Ende bringen", schrieb Jim Setters, der Coach des BSC Preußen, dem total überforderten Unger ins Stammbuch und sorgte sich darum, daß sich nur ja nicht unter diesen unrühmlichen Begleiterscheinungen „das gute Verhältnis zwischen beiden Klubs" trübe. ESG-Trainer Tore Hedwall wandte sich kaum an die falsche Adresse, als er seinem Zorn keine Zügel mehr anlegte: „Es ist eine Unverschämtheit vom Deutschen Eishockey-Bund, so einen wie Unger mit der Leitung eines Spitzenspiels zu beauftragen". Das sei, ereiferte sich der Schwede, als schicke man einen Mr. Nobody zum Schlager Düsseldorf - Köln. Hedwall wie Setters unisono: „Die Schuld am Spielabbruch liegt in erster Linie bei Unger, er hat sich selbst in Zugzwang gebracht." Und vor allem kein Fingerspitzengefühl gezeigt, wie Bodo Zeiske, früheres Berliner Mitglied des DEB-Spielgerichts und seit kurzem in Kassel lebend, unterstrich: „Natürlich darf er abbrechen, aber nach der Order des Eishockeybundes sollen die Schiedsrichter davon absehen. Sie haben doch vielfältige Möglichkeiten, die erhitzten Gemüter abzukühlen, durch Eisaufbereitung oder Beendigung des Spiels unter Ausschluß der Zuschauer. Letzteres hatte ihm Berlins Rekordinternationaler „Lenz" Funk in der Kabine sogar nahe gelegt. Vergebens. Und so werden beide Klubs für diesen handfesten Eklat „bluten" müssen - in Form einer Geldstrafe. Wobei die ESG überdies die Punkte bei Anrechnung von 0:5 Toren verlieren wirden. Aber einen Trumpf halten die Kasseler in der Hinterhand. Unger wahrte nicht einmal den formalen Weg. Er verkündete den Abbruch vor seiner Kabine und versäumte, wie vorgeschrieben, über Lautsprecher davon zu informieren. Das waren die Stationen bis zum unheilvollen Ende sieben Minuten und vier Sekunden vor der Schlußsirene beim Stande von 3:5 (0:4, 2:1, 1:0): Schon im Anfangsdrittel pfiff der Unparteiische konsequent gegen die Hedwall-Schützlinge und provozierte die Ränge mit einem Bonus für den Spitzenreiter. Beim Abseitstor von Lechl zum 0:4, von Linesman Töllner (Braunlage) sogar angezeigt, von Unger ignoriert, und der anschließenden Zehn-MinutenStrafe für Trzecak kochte die Volksseele über, Gegenstände flogen aufs Eis, Unger schickte 3:42 Minuten vor Drittelende beide Teams in die Kabine und ließ die ausstehende Zeit vor dem zweiten Drittel nachholen. Aber danach war nichts mehr zu kitten. Uneinsichtige Zuschauer schleuderten Flaschen auf die Eisfläche, Unger drohte den Abbruch an - und schritt, nach weiteren Zehn-Minutenstrafen für Heinrich und O'Brien, zum Vollzug, als Linesman Martinowski (Frankfurt) von einer Scherbe am Kopf getroffen wurde. Unrühmlicher Nachklang: Erboste Fans hatten es auf Ungers Pkw abgesehen, brachen Antenne und Schweibenwischer ab, erwischten aber den Wagen von ESG-Stürmer Major (früher Bad Nauheim). Der trug das gleiche FB-Städtekennzeichen...

  • Das Spiel wurde mit 0:5 Toren für Berlin gewertet.

Quelle: HNA