So. 08.04.1990 - 19:00 Uhr EC Kassel - EC Bad Nauheim 5:1 (1:0/2:0/2:1)

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Eissporthalle glich einem Tollhaus Nach zweijähriger Zweitligaabstinenz hat der EC Kas- sei den Aufstieg in diese Klasse geschafft und die Zuschauer skandierten nach dem 5:1 (1:0/2:0/2:1-Sieg im letzten Spiel der Aufstiegsrunde über den EC Bad Nauheim: „Der ECK ist wieder da!" Eine Ehrenrunde nach der anderen forderten die Fans, die aus ihrem Freudentaumel nicht mehr herauszukommen schienen.


Vor diesem Spiel wurden Artur Berwald und Herbert Heinrich mit Blumensträußen verabschiedet und kurz vor dem Ende, als es eine Auszeit gab, liefen die beiden unter dem tosenden Jubel der begeisterten Fans in der ausverkauften Eissporthalle Ehrenrunden. Die Nauheimer waren mit ihren beiden „Oldtimern", den 40jährigen „Pilo" Kniehs und Thomas Fauerbach, angereist und im ersten Drittel taten sich die Gastgeber sehr schwer. Erst in der 17. Minute erlöste Willi Brand die ECK-Fans mit der Führung, die in Überzahl erzielt wurde. Überhaupt verstanden es die Nordhessen, das Überzahlspiel hervorragend auszunutzen. In den ersten beiden Dritteln gelang dies bei viermal Überzahl immerhin dreimal, das Powerplay erfolgreich abzuschließen. Die Südhessen machten den ECKCracks das Siegen in keiner Phase einfach, die Kasseler mußten bis zum } Schluß alle Konzentration aufbringen Das fünfte und letzte Tor dieser Aufstiegsrunde für die Mannschaft i von Spielertrainer Peter Roedger war ^ zugleich das schönste, eine träum- | wandlerische Kombination zwischen j Eric Thurston, Shane Tarves und M dem Torschützen Tim „Snoopy" Schnobrich. Der sechste Platz war das Ziel der Kasseler und genau den hatten sie am Ende erreicht.

Tore:
1:0 (17.) Brand (Roedger, Thurston - 5:4),
2:0 (30.) Tarves (Brand, Schnobrich - 5:4),
3:0 (36.) Schnobrich (5:3),
3:1 (45.) Wolf (Lang, Schmidt),
4:1 (45.) Ma)or (Thurston, Schnobrich),
5:1 (57.) Schnobrich (Tarves, Thurston).
Strafminuten: 11 - 21.
Schiedsrichter Weigelt (Hamburg). Zuschauer: 4200

Quelle: HNA




Finale mit Tänzen, Zigarren und Striptease
Die Schlußsirene brachte die Erlösung, ließ am Sonntagabend um 21.48 Uhr Dämme brechen: auf den rappelvollen Rängen der Kasseler Eissporthalle fielen sich wildfremde Menschen in südländischer Begeisterung freudetrunken in die Arme, auf dem Eis verschmolzen Fans, Funktionäre und Spieler zu einem taumelnd-tänzelnden Wall triefnaßer Leiber. Die Mischung aus Schweiß, Bier und Sekt spülte allen nervlichen Ballast des „Siegen-müssens" hinweg, hob die „Großfamilie" EC Kassel auf eine für nordhessischen Verhältnisse ungeahnte Begeisterungswoge. „Der ECK ist wieder da"; brüllten %fö#rausende ihr neues Wir-Gefühl aus den Lungen, vertrieben - kaum da das fast schon aus den Augen verlorene Ziel doch noch erreicht worden war - prompt ihren Alptraum lautstark aus dem Sinn. „Nie wieder Oberliga", flehten die Eishockey- Freunde der Region, nachdem der EC Kassel in einem ebenso begeisternden wie zehrenden Kraftakt den Sprung in die zweite Bundesliga sichergestellt hatte. Mit 5:1 wurde gegen den EC Bad Nauheim das letzte von sage und schreibe 54 (!) Punktspielen gewonnen, durch Tore von Schnobrich (2), Brand, Tarves und Major praktisch in letzter Sekunde der zum Aufstieg ausreichende sechste Tabellenplatz erklommen. Dem ersten Ansturm der (bisweilen fast schon brutalen) Souvenirjäger eben noch entkommen, blieben die Cracks auch in der Kabine nicht von ihren geradezu berauschten Anhängern „verschont". Der erste Türsteher, ein gewiß nicht schmalbrüstiges Mannsbild, gab nach 20 Minuten seine Stellung auf, Masseur Kai Thöne und Teamarzt Doktor Wolf Jockei hielten zumindest einige Minuten die letzte Bastion. Erst ein Machtwort von Herbert Heinrich bremste den Ansturm der Fans, ermöglichte erste, Glückwünsche von Frauen und Freundinnen.

„Vielleicht kapiere ich das, was hier passiert ist, wenn ich auf dem Eis noch eine Runde drehe", stammelte der von Grippe, Kampf und Jubel arg mitgenommene Peter Roedger auf dem Weg zu seinem x-ten Bad in der Menge.

Der Spielertrainer kam kaum dazu, die langjährigen Weggefährten Herbert Heinrich und Artur Berwald mit feinen Geschenken aus dem Kreis der Mannschaft zu verabschieden, zu turbulent war das Geschehen. Tim „Snoopy" Schnobrich ramponierte seine Kufen bei ausgelassenen Freudentänzen mit völlig verblüfften Anhängern auf den Rängen, die Kanadier Eric Thurston und Shane Tarves packten nach altem Brauch dicke Zigarren aus, Sascha Schardt - zuvor gegen den Nauheimer Smol noch mit einer völlig unnötigen Boxeinlage - legte Schulter-, Ellbogen- und Knieschutz bei unpassend dröhnender Striptease-Musik ab, und Oldtimer Herbert Heinrich freute sich mit kunstvoll gestricktem Fan-Pullover über den stimmungsvollen Ausklang seiner Laufbahn, als nur noch ein einsames Glas Senf den Kühlschrank füllte.

„Jetzt müßte ich eigentlich aufhören", flachste der noch ältere Shane Tarves, der sich nach dem ESG-Konkurs einen solchen Triumph immer gewünscht hatte. Mit 123 Scorerpunkten (56 Tore und 67 Pässe) behauptete der Super-Techniker immerhin Rang zwei der internen Statistik, nur übertroffen von Publikumsliebling „Snoopy" (stolze 164), der mit 95 Treffern knapp ein Drittel aller ECK-Tore (319) dieser Saison schoß. Als bester Vorbereiter glänzte Thurston mit 77 Beihilfen (+ 41 Tore «118 Punkte), erfolgreichster „Kasseler Junge" war mit 30 Zählern (17 + 13) Ralf Kubiak. Mit drei Vorlagen steht auch jener Mann zu Buche, dessen fantastische Paraden Grundlage für so manchen Sieg waren: Torwart Josef „Seppi" Kontny. Der Bayer zählt neben Roedger und Schnobrich zu den Vätern des Erfolges, „den uns nach der Niederlagenserie im März doch keiner mehr zugetraut hat". Das 4:14- Debakel in Hamburg und die nachfolgend vernichtende Kritik habe doch „so manche in der Mannschaft wachgerüttelt". Die interne Aussprache nach dem Krefeldspiel jedenfalls sieht Kontny gar als „Wendepunkt zum Guten". In einer Saison, die viele Höhepunkte und nur ein einziges, kleines Formtief brachte...

Quelle: HNA