Fr. 02.01.1981 - 20:00 Uhr ESG Kassel - Hamburger SV 5:6 (1:2/0:3/4:1)
5:6 - ESG Kassel fehlten nur noch 58 Sekunden!
Enttäuschung nach dem Jubel
HSV siegte vor 3500 Zuschauern in letzter Minute
Durch ein Wechselbad der Emotionen
wurden die rund 3500 (!) Eishockey-Fans am
späten Freitagabend in der Kasseler Eissporthalle
gezogen. Von überschäumender Freude bis zur
abgrundtieien Enttäuschung reichte die Skala der
Gefühlsausbrüche, deren Punkte in dieser fairen
Partie abwechselnd erreicht wurden, ehe die
Schlußsirene dem Spitzenreiter Hamburger SV in
diesem ersten Spiel der Oberliga-Endrunde einen
im Endeffekt glücklichen 6:5 (2:1, 3:0, 1:4)-Erfolg
über die ESG Kassel sicherte.
Kurz vor Schluß dieses Spiels - wir
berichteten bereits in einem Teil unserer
Auflage darüber — sah es noch nach
einer Sensation aus. In einer furiosen
Aufholjagd hatte die ESG Kassel einen
nicht mehr einholbar geglaubten 1:5-
RUckstand zum 5:5 wettgemacht, und
die jubelnden Zuschaer rechneten bereits
mit einer Punkteteilung. Doch es
sollte anders kommen! Ein Querpaß auf
den überragenden Hamburger Stürmer
Siegfried Reiß und dessen unhaltbarer
Schlagschuß ließen die Hoffnungen der
Fans wie eine Seifenblase platzen. Zu
diesem Zeitpunkt zeigte die Hallenuhr
noch ganze 58 Sekunden Spielzeit an!
Danach hatten die blau-weißen ESGer
sogar.noch eine faustdicke Chance zum
erneuten Ausgleich, aber bei einem wilden
Getümmel vor dem HSV-Tor stoppte
ein Hamburger Spieler den Puck bej
einem Schuß von Berwald mit dem Knie
auf der Torlinie. HSV-Torhüter Chrobok
war bereits geschlagen.
Die tiefe Enttäuschung, mit der sich
die ESG-Fans auf den Heimweg machten,
hatte bereits kurz nach Spielbeginn
auf die Ränge übergegriffen. HSV-Star
Mischin, der einen Abspielfehler nutzte,
und Felden mit einem Alleingang hatten
den Spitzenreiter bis zur 6. Minute bereits
mit 2:0 in Front gebracht. „Daß
wir. zu Anfang immer gleich hinten liegen
müssen", stöhnte ESG-Vorsitzender
Rüdiger Seehof gequält auf. Der Anschlußtreffer
von Nierich, nach herrlicher
Vorarbeit von Berwald, sorgte nur
für ein kurzes Stimmungshoch, denn im
zweiten Drittel sollte das „dicke Ende"
folgen.
Das Unheil begann bereits in der 22.
Minute, als Prundo das ESG-Tor umkurvte und Torhüter Weiß mit einem
Schlenzer ins kurze Eck überlistete —
ein plumper „Bauerntrick"! Da sich die
Kasseler Stürmer (Tarves, Konecki)
weiterhin im Auslassen von klaren Torchancen
überboten, riß der dünne ESGSpielfaden
im Mitteldrittel vollkommen
ab. Fehlpässe und Mißverständnisse
häuften sich, Uberzahlspiel (wie gehabt)
brachte fast mehr Gefahr für das
eigene, denn für das Tor der Gäste.
Um so überraschender die positive
Wende im Schlußdrittel, oder besser, so
überraschend nun auch wieder nicht!
Eine einfache, dafür aber um so notwendigere
taktische Änderung der
Mannschaft brachte den Kasseler Eishockey-
Expreß plötzlich auf volle Touren.
Der großartig aufspielende Turney
wurde von seinem Verteidigerposten in
den ersten Sturm beordert, Bunkowski
rutschte in die zweite Angriffsreihe und
der Ex-Braunlager Busch durfte endlich
zeigen, daß er als Verteidiger anstatt
Stürmer ebensoviel wertvoller ist wie
die Mark gegenüber dem Pfennig.
Es erhebt sich dabei nur die Frage,
warum trainiert Danny Coutu mit der
Mannschaft dieses System über eine
ganze Woche in Abwesenheit von Trainer
Hudec, wenn dieser sich vor dem
Spiel mit dem Kanadier noch nicht einmal
bespricht, ihn von der Bande wegschickt
und erst im letzten Drittel das
(erfolgreiche) Trainingskonzept übernimmt?
Hier scheinen interne Querelen
die sportlichen Aspekte wieder einmal
in den Hintergrund gedrängt zu haben.
Im Angriffswirbel der ESG - nur noch
mit zwei Sturmreihen — zeigten die
Hamburger, auch der bis dahin überragende
Torhüter Chrobok. Nerven. Nachdem Forster mit einem fulminanten
Schlagschuß zum 2:5 sein erstes Tor
für die ESG erzielt hatte, nutzte Tarves
einen Abspielfehler des HSV zum .3:5.
Die Halle tobte, als Berwald dem
HSV-Keeper den Puck zum 4:5 durch
die Beinschoner schob und glich gar einem
Tollhaus bei Turneys Alleingang,
den er zum Ausgleich nutzte. Das bittere
Ende ist bereits bekannt...
Im ESG-Team überragten an diesem
Abend Turney und der bärenstarke Berwald.
Neuzugang Forster bewies seine
Abwehr- und Schußqualitäten, hingegen
fehlt ihm verständlicherweise noch die
mannschaftliche Bindung. Ein leichter
Aufwärtstrend war auch bei Fauerbach
zu beobachten, wenngleich es seinen
Schlagschüssen noch immer am rechten
Maß mangelt. Eine gute Note muß man
audi Torhüter Weiß ausstellen, obwohl
er an zwei Treffern zumindest
nicht schuldlos erschien.
ESG Kassel: Weiß (Müller) - Fauerbach,
Forster - Turney - Tarves, Konecki,
Bunkowski - Nierich, Berwald,
Busch — Fritsch, Hofmann, J. Resch.
Hamburger SV: Chrobok (Poderozki)
- Prundo, Kümmelfeld - Dreher, Scherf
- J. Zeppernick — Oswald, Reiß, Mischin
- Julius, Wulf, Rödger - Römer,
Felden. Kohli - H. Zeppernick.
Schiedsrichter: Lacher/Kurz (Mannheim/
Braunlage).
Zuschauer: 3500.
Tore:
0:1 Mischin (5.),
0:2 Felden
(6.),
1:2 Nierich (11.),
1:3 Prundo (22.),
1:4 Rödger (31.),
1:5 Reiß (35.),
2:5
Forster (42.),
3:5 Tarves (45.),
4:5 Berwald
(54.),
5:5 Turney (56.),
5:6 Reiß
(60.).
Strafzelten: ESG 2 Minuten - HSV 8.
Quelle: HNA